Bedrohte Projekte

Die folgenden Beschreibungen der bedrohten Projekte wurden nicht von diesen selbst geschrieben, allerdings wurden z.T. Textteile von ihren Blogs genutzt.

Liebig34

Das anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig34 im Nordkiez im Friedrichshain wurde 1990 wie viele andere Häuser in Ostberlin nach dem Mauerfall besetzt. Kurze Zeit nach der Besetzung wurden Teile des Hauses legalisiert. Um das Jahr 1999 herum haben sich die damaligen Bewohner*innen entschieden, das Haus zunächst ausschließlich als Frauen*- und Lesbenprojekt weiter zu führen. Über die Jahre öffnete sich das Projekt für alle anderen Geschlechtsidentitäten, abgesehen von cis-Männern. Neben den Wohnungen befinden sich im Erdgeschoss noch der Veranstaltungsort „Liebig-Bar“ sowie der Infoladen Daneben.

2008 wurde erfolglos versucht, das Haus kollektiv zu kaufen und dauerhaft zu sichern. Stattdessen wurde es an den berüchtigten Immobilieninvestor Gijora Padovicz verkauft, der in den vergangenen Jahrzehnten mehrere hundert Häuser in Berlin gekauft und z.T. hohe Fördergelder des Senats erhalten hat, um die Häuser zu sanieren. Stattdessen fallen bis heute Padovicz-Immobilien durch hohe Leerstände, schlechte Instandhaltung und insbesondere widerlichste Methoden im Umgang mit den Mieter*innen auf. Verträge die nur jährlich oder gar monatlich verlängert werden, Schikane, Drohungen, massive Mietsteigerungen, liegengebliebene Renovierungsarbeiten und vieles mehr gehören zur Methode Padovicz. Dabei agiert er mit einem riesigen Geflecht aus Eigentumsfirmen, Hausverwaltungen und anderen Gewerbeteilen.* Padovicz ist bspw. auch einer der größten Investoren an dem geplanten Großbauprojekt an der Rummelsburger Bucht.

Der 2008 geschlossene Pachtvertrag lief am 31.12.2018 aus. Padovicz hat früh klargemacht, dass er kein Interesse an einer Verlängerung oder an einem Verkauf des Hauses an die Bewohner*innen hat. Trotz angeblicher erfolgsversprechender Geheimverhandlungen zwischen dem Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmitt und Padovicz hat letzterer bereits im November vergangenen Jahres Räumungsklage gegen die Bewohner*innen eingereicht. Der Räumungsprozess der Liebig34 ist der erste, der akut bedrohten Projekt und findet am 20. September statt.

*Informationen über das Firmengeflecht: https://padowatch.noblogs.org/

Twitter: @liebig34liebig

Syndikat

“Proletarierer und Autonome, Hipster und Asseln, Studenten und Hartzer – sie alle hat diese Kneipe schon kommen und gehen gesehen.” (anonyme Internet-Bewertung)

Die Kollektivkneipe Syndikat wurde vor fast 34 Jahren, 1985, von Anwohner*innen gegründet. Seitdem besteht sie als Kollektivbetrieb. Die Kollektivist*innen wechselten, die Idee und die Kneipe blieben wie sie waren. Von Anfang an ging es um selbstbestimmtes Leben und Arbeiten. Die Kneipe ist ein offener Raum für alle emanzipatorischen Menschen, ob aus Neukölln oder sonst woher. Es ging immer um ein solidarisches Miteinander. Sei es durch Soliparties für diverse Gruppen und Aktivitäten, durch das Spenden aller Trinkgelder oder die Unterstützung von diversen Projekten durch die eigene Infrastruktur.

Offizieller Eigentümer des Syndikats ist eine luxemburger Briefkastenfirma. Recherchen des Kollektivs haben ein Netzwerk von über 70 Briefkastenfirmen aufgedeckt, über das mindestens 3000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten in Berlin kontrolliert werden. Dahinter steckt die britische Milliardärsfamilie Pears. Deutscher Ableger des „verdeckten Imperiums“ ist die Pears Global Real Estate Germany. (Kurfürstendamm 177). Verwaltet wird das Haus von der Deutschen Immobilien Management (DIM).*

Im Juli 2018 wurde der Mietvertrag ohne Angaben von Gründen gekündigt und sich jedem Gespräch über eine Verlängerung bis heute verweigert. Am 1. Januar 2019 sollte das Betreiber*innenkollektiv die Schlüssel übergeben, was dieses jedoch verweigert hat. Kurz darauf wurde Räumungsklage erhoben. Verhandlungstermin ist der 29. Oktober 2019.

*Informationen zum Pears-Firmengeflecht: https://syndikatbleibt.noblogs.org/pears-global/

Twitter: @syndikat44

Meuterei

Die Meuterei ist ein seit 2009 bestehendes Kneipenkollektiv in der Reichenberger Straße 58 in Kreuzberg. Die Meuterei vesteht sich als Teil einer Kiezstruktur von unten und hat den Anspruch ein Ort zu sein, an dem sich Menschen mit geringem Einkommen wohlfühlen. Sie bietet Räume für Treffen und politische Veranstaltungen an. Außerdem finden monatliche Aktivitäten wie Mal- und Spielsonntag statt. Darüber hinaus organisiert sie das jährliche Reichenberger-Straßenfest. Die Meuterei ist Teil einer linken Szeneinfrastruktur und Treffpunkt/ Wohnzimmer im Reiche-Kiez.

Der Eigentümer der Meuterei ist Goran Nenadic bzw. seine Firma, die Zelos Properties GmbH mit Sitz im brandenburgischen Steuerparadies Zossen (Baruther Str. 23). Einigen dürfte Nenadic noch als Eigentümer der linken Schankwirtschaft „Baiz“ im Gedächtnis sein, die durch sein Zutun ihre alten Räume verlassen musste.

Die Meuterei ist die letzte Einheit im Haus Reichenberger Str. 58, die Nenadic gehört. Die restlichen Wohnungen wurden bereits in hochpreisige Eigentumswohnungen aufgeteilt und verkauft. Nach außen hin gibt sich Nenadic generös und würde „natürlich“ die Kneipe auch an das Meuterei-Kollektiv verkaufen, allerdings zu dem „was der Markt hergibt“, nämlich 650.000€.

Der Mietvertrag der Meuterei lief am 31. Mai 2019 aus. Wie viele andere Projekte, hat auch das Meute-Kollektiv die Schlüssel nicht übergeben und betreibt die Kneipe trotz fehlendem Mietvertrag weiter. Stand 25.07.19 wurde noch keine Räumungsklage eingereicht.

Unterstützer*innenkreis „Leute für die Meute“:

Blog: leutefürdiemeute.blogsport.eu

Twitter: @keinebeute

Potse / Drugstore

Potse und Drugstore sind die ältesten, selbstverwalteten Jugendzentren Berlins. Seit 1979 bzw. 1972 organisieren sich dort Jugendliche selbst, frei von Eltern, Staat und sonstiger Bevormundung. Seit über 40 Jahren fanden und finden in den Räumlichkeiten in der Potsdamer Str. 180 im Norden von Schöneberg Konzerte, Kneipenabende, Solipartys, Workshops, Lesungen und andere Veranstaltungen statt. Immer mit freiem Eintritt und immer von den dort Aktiven selbstorganisiert. Das ehemalige BVG-Gebäude wurde vor einigen Jahren an einen privaten anonymen Investor verkauft, dem die rebellischen Jugendprojekte nicht in die Renditeplanung passen. Der Mietvertrag wurde mehrfach nur mit großer Mühe kurzfristig verlängert. Im Stockwerk über den beiden Projekten hat sich mit rent24 ein großer Akteur der neoliberalen StartUp-CoWorking Szene eingemietet, der dort sogenanntes CoLiving anbietet: Arbeiten und Leben in einer Räumlichkeit. Da das Geschäft boomt, will sich der kreative Hipster-Zoo gerne auch auf die Fläche von Potse und Drugstore ausdehnen.

Ende des vergangenen Jahres sollten beide Projekte ihre Schlüssel übergeben, obwohl der Bezirk Tempelhof-Schöneberg keine adäquaten Ersatzräumlichkeiten anbieten konnte. Ein Ersatzobjekt in der Potsdamer Straße ist nur bedingt geeignet, da dort keine lauten Konzerte stattfinden können; ein wesentlicher Teil des Nutzungskonzepts von Potse & Drugstore. Ein Gebäude in der Potsdamer Straße 140 wäre frei und geeignet, jedoch hat Finanzsenator Kollatz von der SPD dort Eigenbedarf angemeldet um dort eine Schule für angehende Schreibtischbürokrat*innen einzurichten.

Während der Drugstore seine Schlüssel abgegebe, hält das Potse-Kollektiv seitdem die Räumlichkeiten besetzt. Mitte Mai hat das Bezirksamt, als offizieller Mieter der Räume, Räumungsklage eingereicht. Ein Termin für die Gerichtsverhandlung steht noch nicht fest.

Potse:

Facebook: Potse Berlin

Twitter: @Potse_Berlin

Drugstore:

Facebook: SJZ Drugstore

Twitter: @drugstoreberlin

DieselA / WiderStrand

Im Zuge der Diskussion um den Bebauungsplan Ostkreuz, nach dem das Areal um die Rummelsburger Bucht – einer der letzten kreativen Brachflächen mit Werkstätten, Veranstaltungsorten, Clubs, Hausbooten, Obdachlosencamps etc. – mit Event-Tourismus-Projekten und hochpreisigen Wohnungen bebaut werden soll und der gleichzeitigen Bedrohung vieler Wagenplätze in Berlin, wurde Ende Mai von der Wagengruppe DieselA ein Stück der Brachfläche zwischen Hauptstraße und Paul und Paula Ufer mit Wägen besetzt.

Neben der Wagenplatz Besetzung wurde an einem Ufer-Stück der WiderStrand geschaffen, ein offener Community-Space, der mit Bar, Toiletten, Sitzgelegenheiten offen für alle steht und an dem eine Vielzahl an Veranstaltungen, BBQ, Kino, Tresenabende und Partys stattfinden.

Der Großteil der Besetzung liegt auf dem Gelände der Investa GmbH, die dort hochpreisige Wohn- und Gewerbeflächen errichten will und grenzt an Bauland, das dem Liebig34 Eigentümer Padovicz gehört.

Stand 25.07.19 gibt es weder Räumungsandrohungen, noch sonstige Verhandlungen mit Bezirk, Land oder Eigentümern.

Twitter: @dieselA10 / @WiderStrand1